Alles bleibt wie es ist
Corona auf allen Kanälen, langsam frage ich mich, womit werden die Medien ihre Seiten und Sendeminuten füllen, wenn sich Corona wieder aus unserem tagtäglichen Erleben verabschiedet hat?
Ein aufregendes Leben bis an den Rand der psychischen Dekompensation und des individuellen Stolzes führen derzeit meine Kollegen mit dem Schwerpunkt ‚Virologie‘.
Im normalen Medizinerleben fristen die Virologen ein eher beschauliches Dasein im Schatten der anderen Zweige der Medizin. Ich habe die Namen der meisten universitären Lehrstuhlinhaber für Virologie jetzt zum ersten Mal gehört, nehme ich einmal Alexander Kekulè aus. Ihn kannte ich nicht als Person, aber immerhin trägt er einen unter Naturwissenschaftlern berühmten Namen. Ein Name wie Donnerhall, der seinen Träger von ganz allein promoviert. Einige werden sich vielleicht noch an den „gehobenen“ Chemieunterricht und August Kekulè, einen für seine Zeit begnadeten Chemiker, erinnern? Wenn nicht, ist es so schlimm auch wieder nicht, weil seine Gedanken sind für den Nichtchemiker sowieso zu kompliziert.
In den ersten Corona-Wochen tauchten fast immer die gleichen „virologischen“ Gesichter in den Medien auf. Einerseits Herr Drosten der Virologe der Charitè und andererseits Herr Kekulè, der Virologe der Uni Halle. Der eine verbissen und absolut humorfrei wirkend, der andere eloquent, beide haben/hatten ihre Fans.
Nachdem sie sich in der vergangenen Woche auf die Ferne „in die Haare geraten“ sind, ist es jetzt ruhig um sie geworden und andere drängen in den Vordergrund. Frau vdL hat medial verkündet, dass die Politik wohl von Expertenseite nicht gut beraten worden sei. Interessant wäre zu hören welchem der beiden Herren die Kanzlerin bisher vorrangig ihr Ohr lieh. Auf jeden Fall haben sich die Beiden öffentlich gegenseitig als „krummen Hund“ beschimpft und das geht nicht, zumal in Zeiten, in denen Viren die Welt dominieren.
Es wird interessant sein zu sehen, wie diese Hahnenkämpfchen weitergehen. Eigentlich wäre jetzt nicht die Zeit dafür, eigentlich…
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Einer der beliebtesten, wenn nicht der beliebteste Ort in der Klinik ist die Raucherinsel. Vor vielleicht 20 Jahren konnte ich durch permanentes Meckern als pathologischer Nicht-Raucher mit dazu beitragen, dass die Raucher aus der Klinik verbannt und in einen rund 100 Meter entfernten Pavillon „ausgelagert“ wurden. Er, der Holzpavillon, sieht, zumindest von Weitem, ganz hübsch aus, ist aber zugig, kalt und wenn es regnet – als besonderes Schmankerl – zur Wetterseite hin offen. Als Nichtraucher ging ich davon aus: „Das tut sich niemand wegen eines Glimmstengels an“.
Ich habe mich geirrt, der Pavillon steht noch immer. Das Holz ist inzwischen durch den Teer zigtausender Zigaretten so stark imprägniert, dass es die nächsten 1000 Jahre und sogar den Klimawandel schadlos überstehen wird. Es wird behauptet, dass selbst der widerstandsfähigste Holzwurm keine Chance hätte in dem „Material“, länger als 5 Minuten zu überleben.
Zu meinem und „therapeutischem“ Ärger wird der ungastliche Ort von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang durchgängig frequentiert. Die Raucher behaupten, er wäre der gemütlichste und gleichzeitig therapeutischste Bereich der ganzen Klinik. Ich höre es nicht gern, zeigt es doch, dass wir einige(nicht unbedingt wenige) Patienten in therapeutischem Sinne nicht erreichen.
Im Zuge von Corona haben wir den engen Pavillon jetzt gänzlich gesperrt. Die Raucher sitzen dort normalerweise Schulter an Schulter und wenn man sich gegenseitig die nächste Zigarette ansteckt, werden nicht zwei, nicht ein Meter, nicht einmal eine Armlänge Abstand gehalten.
Gemerkt, postwendend reagiert, der Unterstand wird aus dem Verkehr genommen, ein rotes Flatterband soll den Zugang unterbinden.
Die Maßnahme ist auch im Sinne von Corona vernünftig, ist doch die – immer auf eigene Entscheidung geschädigte – Raucherlunge besonders empfänglich für den Virus.
Die Raucher juckt Corona nicht, sie stehen jetzt in Gruppen, Schulter an Schulter vor dem Flatterband und wenn sie sich gegenseitig die Zigaretten anzünden …..
Ich bin beruhigt, es bleibt auch trotz Corona alles, wie es ist.
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Nachtrag: Heute morgen sind mir weder der „Mustang“, noch der „Ypsilon“ begegnet, ich beginne mir echt Sorgen zu machen.
Rainer, jetzt frage ich dich neugierig, welchem Laster fröhnst du denn? Du trinkst nicht seit 20 Jahren, du rauchst nicht – seit hundert Jahren – aber es wird doch nicht etwa die Tugend zum Laster werden????
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Ehrlich, so ein richtiges Laster? Ich bin mit mir nach reichlich Jahren im Reinen. Das war ein schon schweres Stück Arbeit. Lg. R.
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