Tag 2 des Corona-„Notstandes“

Solidarität ist vergänglich

Im Nachdienst bin ich zuweilen gezwungen einen Blick auf den Televisor, speziell die ÖR zu werfen.

Bla, bla, zum 1001sten mal werden die gleichen Corona-Songs hoch und runter zelebriert, die Moderatorensind um Frohsinn bemüht, wenn nicht gerade inhaltsschwangeren Blickes wieder einer unserer Politiker die Mattscheibe füllt.

Da fällt mir gerade ein: Ein häufig gebrauchtes Schimpfwort meiner Jugend war: „Du hast wohl eine Mattscheibe.“ Damit wollten wir ausdrücken, dass sich jemand wieder besonders dämlich benahm. Nun ja, …

Die Moderatoren berichten wohlgemut über irgendwelche Einträge „in sozialen Diensten“, die auch noch breit ins Bild gesetzt werden und können nicht aufhören die unendliche Solidarität der Menschen zu loben, wenn Frau A für Frau B die Milch aus dem Supermarkt mitbringt.

Die medial viel besungene Solidarität beginnt aber schon zu bröckeln:

Unsere Psychosomatische Fachklinik hat ihren Sitz im kleinstädtischen Bereich. Mit Sicherheit sind wir dort der mit Abstand größte Wirtschaftsfaktor.

Seit einigen Tagen nun sehen sich „besorgte Bürger“ der Stadt schon berufen uns mir Anrufen zu bombardieren und sich an die Medien zu wenden, da sie nicht wollen, dass „Fremde“, also unsere deutschlandweiten Patienten, im Ort wären. Und außerdem, „die“ wären ja nicht richtig krank, die hätten ja nur Psyche“.

Ohne Worte!

Da ich weiss, dass einige Bürger des Ortes mitlesen, spare ich mir jede weitere Klassifizierung. Wer mich kennt, kann sich sowieso problemlos denken, was hier stehen würde.

*

Die Bäckersfrau stand heute allein an ihrem Tresen, ich war der einzige Kunde und sie „traute“ sich zu fragen, „0b denn der Abstand ausreicht… ?“ Sie hatte scheinbar nachgemessen, es wären 105 cm zwischen ihr und dem Kunden vor dem Tresen. Ich habe sie beruhigt, so genau weiss es derzeit sowieso niemand, die Angaben schwanken zwischen einem und vier Metern.

Ihre Auslage war überdurchschnittlich voll, ich habe das Gefühl, sie beruhigt sich mit Arbeit.

*

Straßenverkehr, gegen 8.00 Uhr nach dem Nachtdienst – ‚tote Hose‘. Heute fehlte der Mustang, „dafür“ kam mir die Kollegin mit dem ‚Ypsilon‘ etwas verkniffenen Blickes wieder entgegen.

Gegen 10.00 Uhr war ich im hessischen Nebenort „beim Rossmann“, nicht wegen Klopapier! Trotzdem habe ich natürlich hingesehen: Die Ziege beim „Tischlein deck dich“, hätte gesagt: „Ich bin nicht satt, ich find keine Blatt…“. Gähnende Leere. Wie Oma Anna selig eben sagte: „Geschissen wird immer.“

Um diese Zeit waren die Straßen knüppeldicke voll, möglicherweise schläft man beim Corona etwas länger bevor man auf die Pirsch geht.

In und vor dem Kaffee einer großen hessischen Bäckereikette war es so belebt, dass im wahrsten Sinne des Wortes ‚kein Blatt Papier‘ dazwischen gepasst hätte. Etwa so, wie zwischen Angela Merkel und Friedrich Merz „kein Blatt Papier“ passt.

Bei 8 Grad Celsius waren selbst die Außenplätze schon prall belegt. „Eifrig büffelnde Schüler“ sassen reihenweise an der Wand oder auf einer kleinen Mauer, in einer Hand ihre umweltbewussten Papp-Kaffee-Becher, in der Anderen das Smartphone. Da ich ja mehrfach täglich lese, wie spontan und gewissenhaft sich unsere Schüler an den mitgegebenen Hausaufgaben beschäftigen, habe ich im Vorbeigehen versucht einen Blick auf die iPhones mit den Hausaufgaben zu werfen, vielleicht hätte ich ja helfen können, Fehlanzeige. Die Dinger sind ja inzwischen so raffiniert, dass sich die Lernprogramme für den Uneingeweihten als Messenger-Dienste tarnen.

Übrigens waren die Parkplätze mehrerer einsehbarer Supermärkte im Umkreis von vielleicht 300 bis 400 Metern proppenvoll, sodass ich annehme, dass die als Wunderwaffe gepriesenen ‚Home Offices‘ gerade gelüftet werden mussten. Jedenfalls, in normalen Zeiten finde ich dort bestenfalls die Hälfte der Autos vor.

Ich wünsche Euch allen wieder einen coronafreien Tag

7 Kommentare zu „Tag 2 des Corona-„Notstandes“

  1. Hm, auch wenn es nicht ein „Hauptthema“ in diesem Beitrag ist, so klingt es doch schon wieder durch und nun stelle ich mal meine Frage: Ab wann gilt es als Hamstereinkauf – mal bezogen auf die klassischen Dinge, wie Klopapier, Nudeln und Seifen (habe ich anderswo gelesen)?
    Natürlich sind mir auch die leeren Regale in den großen Geschäften aufgefallen, doch ich hatte das Glück, immer alles zu bekommen, was wir brauchten, auch wenn ich dafür ein zweites oder sogar drittes Geschäft aufsuchen musste.

    Ansonsten – das mit der Solidarität … >> Solidarität (…) bezeichnet eine zumeist in einem ethisch-politischen Zusammenhang benannte Haltung der Verbundenheit mit – und Unterstützung von – Ideen, Aktivitäten und Zielen anderer. Sie drückt ferner den Zusammenhalt zwischen gleichgesinnten oder gleichgestellten Individuen und Gruppen und den Einsatz für gemeinsame Werte aus… << (WIKIPEDIA)

    Wer oder was legt das fest? Und wenn es jemand festgelegt hat, wieweit ist es bindend oder kann es bindend gemacht werden?

    Angenommen es wird durch ein Gesetz geregelt oder Verbote oder Vorschriften – kann dann noch von "Solitarität" gesprochen werden, gemäß der Beschreibung in WIKIPEDIA?

    Wann fühlt sich jemand solidarisch? Grundstätzlich ja wohl nicht … wodurch kann man Solidarität fördern und verstärken? Durch Verbote? Durch Gesetze? Wohl nicht …

    Wie das Leben gerade zeigt, ist es nicht einfach, diese Solidarität einzufordern oder sogar als selbstverständlich anzunehmen …

    Sind einfach mal nur ein paar meiner spontanen Gedanken … ich könnte vermutlich noch stundenlang weiterschreiben.

    Liebe Grüße
    das Licht

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    1. Sind auch bei mir ein paar so lose aneinandergereihte Gedanken zu all den Themen, die aktuell durch die Beiträge geistern – und auch durch meinen Kopf.

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  2. „Etwa so, wie zwischen Angela Merkel und Friedrich Merz „kein Blatt Papier“ passt. “ Hallo, habe ich was versäumt? Ich dachte immer, die beiden können sich nicht leiden! – Sag, dass das ein übler Scherz war!
    Jetzt habe ich alle Artikel von dir durch – du arbeitest offensichtlich zu wenig, dadurch hast du zu viel Zeit zum Schreiben. 🙂

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    1. Falls die Sache mit dem CDU-Vorsitz jeh noch mal aktuell wird, wird Friedrich der Angela dankbar am kleinen Finger lutschen. Ja, ich könnte mehr arbeiten, heute habe ich mir nach dreimal Nachtdienst einen freien Tag gegönnt, aber ich will nicht. Aber danke für die Artikel. Das hilft mir echt. 😊 gute Nacht.

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