Man kommt aus dem Wald und steht in Neustrelitz, das kleine Städtchen wurde mir von anderen Reisenden empfohlen, nachdrücklich, es wäre sehr schön.
Auf dem Weg dorthin passiere ich die ‚Trödelscheune‘, ein alter Fabrikbau, heruntergekommen, außen vermüllt, innen auch, zwischen und aus den alten Platten des Zufahrtsweges quillt Grün, welches Platte für Platte sprengt und der Natur als Staub zurückgibt. Den ehemaligen Beton in den Fugen haben die Wurzeln bereits zerlegt, Gras, Löwenzahn, schon verblüht und vergilbt, Flechten nagen an einer wie Bitumen anmutenden Fuge, die ehemals glatte Oberfläche ist rissig und ich kann sehen, wie sich die Natur hinein wühlt, ein bezeichnendes Bild von Vergänglichkeit menschlichen Tuns und der Kraft der Natur. Wenn noch einmal 20 oder 30 Jahre vergangen sein werden, wird die Natur auch dieses Rudiment, irgendwann einmal für die Ewigkeit gedachter menschlicher Einflussnahme, besiegt haben.
Warum eigentlich nimmt sich der Mensch so wichtig? Ja, wir müssen unsere Umwelt schonen, ja, wir dürfen sie nicht bewußt zerstören, aber nein, wir können sie auf Dauer durch unser Tun nicht bestimmen.
Ich denke an Greta aus Schweden und ihre vom imaginierten Sendungsbewusstsein schier besoffene Schar von religiös verbrämten Jüngern, sie werden irgendwann auf dem Boden der Realität ankommen. Es sind aber nicht die jungen Leute, die gefährlich sind, sie wissen es nicht besser. Es sind die vielen, vielen Trittbrettfahrer, die entweder aus Gewinnsucht, aus Geltungsbedürfnis, aus Dummheit oder Feigheit hinterherlaufen und damit die sowieso schon sehr fragile soziale Gemeinschaft auf unserem Planeten ohne Not aufs Spiel setzen.
Neuerdings lese ich sogar in medizinischer Fachliteratur, wie sich die Kollegen in Spekulationen verlieren, ob sich vielleicht in x-Jahren durch die Klimaerwärmung die Inzidenz oder der Verlauf von Krankheiten im Promille-Bereich verändern könnte.
Leute haltet inne, hört auf mit diesen Spinnereien, heute erkranken die Menschen, heute sterben Menschen und ich bin mir sicher, bald werden wir auch Patienten der Klimahysterie behandeln müssen. Die ersten Anzeichen dafür häufen sich, Formulierungen wie:“Ich weiss nicht, vielleicht hat die Klimaveränderung damit etwas zu tun…?“ Erfahrungsgemäß werden wir nach den „Umweltkranken“, bald die „Klimakranken“ haben, das(!) werden unsere Problem sein.
Wer dagegen jetzt behauptet zu wissen, wie sich die Inzidenz organischer Erkrankungen in 20, 50 oder gar 100 Jahren durch das Klima entwickeln wird, ist ein nicht ernst zunehmender „wissenschaftlicher“ Scharlatan.
Neustrelitz selbst, ein herausgeputztes, sehr sauberes Städtchen typisch norddeutscher Prägung, breite Straßen, breite Gehsteige, flache Häuser, sauber verfugte Backsteinbauten oder sehr helle Fassaden, jeder einzelne Quadratmeter potentieller Parkfläche scheint ‚bewirtschaftet‘, sei es wie es sei, alles will unterhalten sein.
In einem alten Speicherhaus „Kornspeicher am Hafen“ empfiehlt es sich einen Cafè im ‚Bohn Aparte‘ zu nehmen, eine kleine Kaffeerösterei im Erdgesch0ss verheisst mit frischen Düften einen Blick in die weite Kaffeewelt: Brasilien, Guatemala, Ethiopien, Kenya, Tansania steht auf den allgegenwärtigen Kaffeesäcken, die man mit einem leichten Duft käuflich erwerben kann. Auf der Rechnung steht dann zwar nicht ‚alter Sack‘, sondern ‚Kaffee außer Haus‘, wohl wegen des Finanzamtes. Aber das muss ja nicht alles wissen.
Unter den heraus geputzten Häusern findet sich hie und da immer noch mal ein Tropfen ‚Altes‘, richtig Altes.
Zum einen die blanke bürgerliche Pracht am zentralen Platz der Stadt, aber auch noch Ladenlokale, an denen ich eher die klassische Bezeichnung „Konsum“ erwartet hätte, von Hand mit Farbe auf den Putz gepinselt, obwohl um die Ecke des gleichen Hauses diese schöne Streetart.
Also, Neustrelitz kann man gesehen haben, muss aber nicht, eine alte norddeutsche Stadt auf neu geputzt, viele Touristen, richtiges Leben auf der Strasse habe ich dagegen kaum gesehen, vielleicht war ich aber nur in den falschen Ecken, weil ich mich von den heilen Fassaden habe blenden lassen?
Netter Reisebericht!
Darf ich im Gegenzug ´Oberndorf am Lech´ anbieten? https://beatekalmbach.home.blog/2019/08/17/von-siebenschlafern-merkel-in-den-bergen-urschreien-und-anderem/ Ich lebe in einer Stadt, Rottweil, die zunehmend auch so gerne Ausflugsort und Touristenziel sein will, dass es das echte Leben bisweilen schwer hat. 🙂
Apropos echtes Leben: Fridays for Future gibt es hier auch. Weshalb das gefährlich sein soll, erschließt sich mir nicht. Man kann andere Themen wichtiger nehmen – Frieden, sozialer Zusammenhalt, Gesundheit oder der Marktanteil der Tupperware unter den Kunststoffhaushaltsgegenständen. Aber gefährlich? Junge und nicht so junge Leute verleihen ihren Sorgen Ausdruck und verlangen Veränderung. Das ist legitim. Nicht?
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Danke für die Nachfrage! Nein, die Mehrzahl der jungen Leute halte ich nicht für gefährlich, natürlich sollen sie ihre Meinung auch artikulieren. Für gefährlich halte ich große Teile der Mitläufer, die, mit Lebenserfahrung ausgerüstet, verstehen müssen, dass es so, wie jetzt schier irrwitzig praktiziert, auf Dauer keine Gesellschaft tragen kann. Dann wird sie sich selbst zerfleischt haben, bevor der erste Tropfen Wasser in vielleicht 100 Jahren in die Hamburger Innenstadt läuft. Interessant ist ein Blick hinter die Kulissen, beispielsweise in die Ecke, aus der die beiden deutschen weiblichen Köpfe der F4f kommen.
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