Alles Medien oder was … ?

Die neue Medienabgabe

In unserem kleinen Ort gab es früher mehrere Gewerbetreibende:

  1. Ein Tante-Emma-Laden
  2. Ein Bäcker
  3. Ein Fleischer
  4. Eine Gaststätte
  5. Ein Schuster.

Alle mussten aufgeben und ihre Geschäfte schließen, einerseits fehlte der Nachwuchs und andererseits rechnete es sich nicht.

Die Schlussfolgerung war und ist, was sich nicht rechnet, kann weg. Kein Bürgermeister wäre auf die Idee gekommen, etwa einen „Schuster-Zehnten“ von seinen Bürgern zu verlangen, damit dieser sein kleines Geschäft weiterführen konnte.

In der Marktwirtschaft, habe ich gelernt muss, sich alles rechnen, sonst taugt es nichts.

Nun lese ich im focus, dass unsere Regierung der Meinung ist, dass sie den Menschen noch nicht genug Geld ohne adäquate Gegenleistung aus der Tasche zieht. Also plant sie – neben multiplen anderen – noch eine neue Abgabe: „eine staatliche Hilfe für Zeitungen“.

https://www.focus.de/magazin/kurzfassungen/focus-07-2020-regierung-prueft-staatliche-finanzhilfen-fuer-zeitungen_id_11638011.html

Nun hört man allerorten, dass die Zeitungsverlage hierzulande mehr oder weniger am Stock gingen.

Ich sage, wenn dem tatsächlich so ist: dann zu Recht!

Blende ich zurück in die DDR selig, war die Zeitungslandschaft überschaubar. Es gab als überregionale Zeitung das „Neue Deutschland“, dann jeweils eine Bezirkszeitung, dazu die „Junge Welt“, die Zeitung der FDJ, und in kleiner Auflage Zeitungen der gleichgeschalteten Blockparteien.

In allen Zeitungen stand das Gleiche, sie unterschieden sich lediglich in ihrer Größe und in der Beschaffenheit des Papiers.

Also, las man eine Zeitung, wusste man definitiv, was in allen Anderen stand.

Die genetisch bedingte deutsche Obrigkeitshörigkeit gab es natürlich auch in Ostdeutschland. Es wurde „erwartet“, dass man zumindest die Bezirkszeitung abonniert hatte. Also ‚hielt‘ sich fast jeder Haushalt eine ‚Zeitung‘, die in Thüringen etwa unter dem Namen „Das Volk“ firmierte. Später, nach 1990, erschien das Blatt unter dem neuen Titel „Thüringer Allgemeine“ weiter, interessanterweise wesentlich getragen von den gleichen Journalisten, die vorher die DDR „gutgeschrieben“ hatten. Da gab es schon, wie auch heute wieder, interessante und absolut überzeugende Metamorphosen und die Erkenntnis: Journalisten können sich verdammt gut und schnell anpassen.

Mit der ’neuen‘ Medienlandschaft nach 1990 begegnete mir ein gewisser medialer Meinungspluralismus, nach kurzer Zeit wusste ich in etwa, welche der großen Tageszeitungen und Wochenblätter wofür stand. Las man mehrere Produkte lief man Gefahr irre zu werden, da der gleiche Fakt meist sehr unterschiedlich, wenn nicht sogar konträr bewertet wurde. Es war interessant. Mein Fehler war es, dass ich viele Dinge ernstgenommen habe, ein hilfreicher Lernprozess.

Zum Glück hat man in der deutschen Medienlandschaft in den folgenden Jahren 30 Jahren von der DDR gelernt und gründliche Arbeit geleistet.

Heute kann ich problemlos von der WELT bis zum SPIEGEL lesen, überall steht das Gleiche: die gleichen Inhalte, die gleichen Wertungen, die gleiche duckmäuserische Wortwahl.

Habe ich eine Zeitung gelesen, weiss ich definitiv, was in allen anderen steht.

Es ist völlig logisch, dass das Interesse der Menschen an diesen medialen Produkten sehr stark nachgelassen hat und damit der Absatz. Selbst der gutgläubigste Mensch merkt irgendwann, wenn er laufend über den Nuckel gezogen und über den Löffel balbiert wird.

Las ich bis vor wenigen Jahren eine oder mehrere Zeitungen, dann um mich zu informieren. Die Liste meiner abgelaufenen und irgendwann nicht mehr erneuerten Abo’s ist lang:

  • SPIEGEL
  • FAZ
  • taz
  • Süddeutsche
  • Die ZEIT
  • Thüringer Landeszeitung

Heute habe ich keine der deutschen Zeitungen mehr abonniert, nicht aus Geiz, sondern weil ich sicher sein kann, habe ich eine Zeitung gelesen, weiss ich definitiv, was in den Anderen steht und ich werde sowieso über den Löffel balbiert. Weshalb soll ich das auch noch bezahlen?

Es reicht mir definitiv in den Internetausgaben die Überschriften zu lesen, die Detailinformationen hole ich mir dann andernorts, bei der NZZ, beim STANDARD, bei der TIMES oder der New York Times.

Die Deutschen Zeitungsverlage gehen also am Stock, die Regierung denkt über eine neue Zwangsabgabe nach um sie zu stützen.

Was kann das Ziel sein? Ganz einfach: „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.“

Wenn die Politik ihre „Meinungsmultiplikatoren“ stützen will, dann soll sie es auch bezahlen, aber nicht mit meinen Steuergeldern.

Ich habe nie die Bezeichnung „Systempresse“ verwendet, es erschien und erscheint mir nach den Erfahrungen in Ostdeutschland nicht angebracht, aber de facto wäre es wohl dann so? Welchen anderen Grund als die eigene Meinungsherrschaft zu stabilisieren, sollte es für die Politik sonst geben? Der Meinungspluralismus kann es nicht (mehr) sein.

8 Kommentare zu „Alles Medien oder was … ?

  1. Da wird Springer fröhlich aus der Gruft zurückkehren: BLÖD bekommt Staatsknete für linientreue Berichtserstattung. Und die anderen Pseudo Journalisten einer bestimmten Coleur schreiben weiterhin ungeniert voneinander ab.☺️

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  2. Meine Zeitungs“karriere“ ging über „Sächsische Zeitung“ zur „Berliner Zeitung“ (die es sogar heute noch gibt) bis hin zur „Ohne jede Zeitung“.
    Du: „Journalisten können sich verdammt gut und schnell anpassen.“ – nicht nur die – Generäle oder andere Dienstgrade der NVA und Polizisten konnten das eben so schnell.
    Einen sonnigen Sonntagsgruß schickt Clara

    Gefällt 1 Person

      1. Falls dein Streben in Richtung Gewinnmaximierung ging, warst du blöd.
        Falls dein Streben danach ging, dich jeden Morgen auch im Spiegel achtungsvoll zu grüßen, hast du richtig gehandelt.

        Gefällt 1 Person

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