In Thüringen hat vor wenigen Tagen „der Wähler gesprochen“, wie es so schön im Politikersprech heisst, Oder besser, er hat heftig gehustet, hat dabei einiges durcheinandergebracht, weil er seine Kreuzeln nicht so gesetzt hat, wie er sie hätte setzen sollen.
Bodo Ramelow hat mit Abstand das Rennen gemacht, in respektvollem Abstand folgen die Blauen von Björn Höcke, kurz dahinter die Schwarzen mit dem (noch) Frontmann Mike Mohring. SPD, Grüne und FDP haben sich selbst marginalisiert, bleiben aber bei der Sitzverteilung trotzdem wichtig.
Es folgt öffentlich der übliche Reflex, alle sind Wahlgewinner, auch wenn das „Ergebnis natürlich hätte noch besser sein können“. Der Wähler, das undankbare Wesen wird gescholten und die eigenen Parteifreunde und Wahlhelfer kräftig gelobt.
Nun ist das Ergebnis blöderweise so, das keines der klassischen politischen Lager in der Lage ist eine Mehrheit zusammen zu bringen. Für Rot-Rot-Grün reicht es nicht, für CDU und FDP auch nicht und mit der AfD will keiner.
Letzteres zeugt nicht von Weitblick, zeigt doch die Geschichte der letzten Jahrzehnte, dass man den politischen Gegner am sichersten entwaffnet, indem man ihn umarmt. Aber jede Generation hat das Recht ihre eigenen Fehler zu machen, auch wenn sich damit die Geschichte in einer Endlosschleife immer wiederholt.
Nun hat Mike Mohring, geschockt von seinem negativen Wahlergebnis, wenigsten nach einem Zipfel der Macht greifen wollen und Bodo Ramelow die Hand offen entgegen gestreckt. Ich fand das vernünftig und menschlich lobenswert, wenn auch etwas übergriffig, ist es doch am Wahlgewinner, dem MP, das Gespräch zu eröffnen.
Betrachtet man übrigens Fotos, auf denen Beide zu sehen sind, fällt an der Körpersprache auf, dass die Beiden wahrscheinlich menschlich ganz gut miteinander können, also letztendlich keine schlechten Voraussetzungen für eine gedeihliche Zusammenarbeit im Sinne unseres kleinen Ländchens, und nur darum geht es.
Nur hat Mohring seine Rechnung ohne den Wirt gemacht. Der Wirt ist wohl AKK mit ihrem scharfmacherischen Sprachrohr Ziemiak, der keine Gefahr läuft irgendwann einmal als Sympathieträger fungieren zu müssen. Dazu kommen Leute aus der Thüringer CDU, voran Tankred Schipanski und Mario Voigt, die glauben endlich nach der Macht, wenn auch nur in der Thüringer CDU, greifen zu können.
Und schon ist – innert weniger Stunden – Mike Mohring wieder 100% auf CDU-Linie eingenordet und verkündet um 180 Grad gewendet das Gegenteil von dem, was er noch vor 2 (zwei) Tagen im Brustton tiefster Überzeugung verkündet hatte.
Also besteht ein Patt, für RRG reicht es, dank der Schwäche von SPD und Grünen nicht mehr und CDU und FDP verweigern jegliche Unterstützung ohne eigene Regierungsoptionen.
Wie kann eine Lösung aussehen? Scheinbar gibt es keine, aber nur scheinbar.
Alle zusammen haben Höcke und seine Blauen unbesehen als Schmuddelkinder in den Senkel gestellt. Mit ihnen will keiner!
Allerdings hat sich scheinbar niemand die Mühe gemacht zu fragen, ob die Blauen vielleicht wollen?
Ich sehe mit leichtem Schmunzeln folgendes Szenarium vor meinem geistigen Auge:
Bodo Ramelow mit seinem abgespeckten rot- rot-grünen Bündnis wird mit den Stimmen der an der Koalition nicht beteiligten AfD-Abgeordneten wieder zum Ministerpräsidenten gewählt.
Björn Höcke mag kein sympathischer Mensch sein, seine völkische Reden sind für jeden Demokraten der pure Horror, aber eines ist er mit Sicherheit nicht, nämlich dumm.
Und er müsste ausgesprochen blöd sein, wenn er die Gelegenheit nicht beim Schopf packen würde das politische Patt aufzulösen.
Niemand wird mit ihm koalieren, niemand wird mit ihm in Richtung Unterstützung oder Duldung verhandeln. Aber es kann sich auch niemand definitiv dagegen wehren, wenn er es einfach tut. Für ihn wäre es der finale Eintritt in die „illustre Welt der staatstragenden Parteien“.
Fast würde ich eine Wette anbieten, dass es genau so kommt, sofern sich die CDU weiter in dieser unklugen, nur von parteipolitischen Interessen getragenen Form verweigert.
Letztendlich muss man sagen, der politische Irrsinn des Oktobers 2019 hilft und pampert die Blauen, darüber mag die CDU auch einmal nachdenken.
Um ehrlich zu sein, würde ich Ziemiak und AKK diese Niederlage auch persönlich gönnen. Ich zumindest werde den beiden keine Träne nachweinen.
Hätte doch der Mike das gemacht, was die Vernunft fordert.. was hätte ihm denn gross passieren können. Mit etwas Glück wäre AKK, samt ihren Guenstling, gegen die Wand gelaufen und bereits Geschichte..
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Das sehe ich genauso, die vorgeschickten „Königsmörder“ allerdings kamen letztendlich aus der eigenen Fraktion, nämlich Schipanski und Voigt, wobei Schipanski den politischen Spuren seiner Frau Mutter folgt, die nach einer kurzen politischen Karriere in 2009 zu recht ihr Landtagsmandat verlor.
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