Alles Demokratie oder was … ?

Von der Wahl nach Gutsherrenart

Es ist ein herrliches Spektakel, dagegen kommen die meist etwas altbackenen Programme der Thüringer Theater nicht an.

Thüringen hat vor mehr als 3 Monaten gewählt und ein Ergebnis erzielt, ein Ergebnis, welches den politischen deutschen Platzhirschen nicht passt: stärkste Fraktion ist die LINKE, zweitstärkste die AfD. SPD und CDU sind am Jammern, die Kleinen sind marginal und aus Sicht des Wählers gnadenhalber mit in den Landtag reingerutscht.

Und, der schönste Gag, ohne eine der beiden jetzt als Extremisten gescholtenen Parteien ist in Thüringen rein arithmetisch keine Regierungsbildung möglich.

Die Thüringer selbst stört die Situation relativ wenig, sie haben brav ihre Kreuzchen gesetzt und damit ihre staatsbürgerliche Pflicht für die nächsten Jahre erfüllt. Der Rest ist Aufgabe und Arbeit der Politiker, die dafür von produktiver Tätigkeit freigestellt und vom Bürger / Wähler / Steuerzahler fürstlich entlohnt werden.

Nun haben sich die Damen und Herren reichlich Zeit gelassen, wie gesagt mehr als 3 Monate, in denen Thüringen nicht regiert, sondern lediglich verwaltet wurde.

Die Erkenntnis mag die Damen und Herren Politiker erschüttern, aber kaum ein Normalbürger hat die Abwesenheit der Politik so richtig zur Kenntnis genommen. Lediglich einige unverbesserliche Neidhammel fragen immer mal wieder nach, wofür „die überhaupt ihr Geld bekommen, wenn sie nicht einmal eine Regierung zu Stande bekommen“? Ich finde das persönlich ungerecht, andere Bezieher von Transferleistungen müssen auch keine Rechenschaft darüber ablegen, womit sie ihren Tag herumbringen.

Sei es, wie es sei, die politischen Berge kreissten über Monate und heraus kam, nicht einmal ein lächerliches Mäuslein, sondern nur Mist. Es scheint, dass Horaz, als er seine „Ars poetica“ vor der Zeitenwende schrieb, genau Thüringen in 2020 im Blick hatte.

Statt jetzt, da man sich schon lächerlich gemacht hat, endlich den Stier bei den Hörnern zu packen und Nägel mit Köpfen im Sinne der Bürger zu machen, entwickelt sich ein stündlich eskalierendes Hauen und Stechen in der politischen Blase, welches den Beteiligten Hören und Sehen vergehen lässt, ‚Berlin‘ eilt in die Provinz, welche sie sonst eine feuchten Kehricht interessiert, und die Kanzlerin regiert nach ‚Gutsherrenart‘ von Südafrika aus in die lokale Politik hinein. Sie konfabuliert vom „Rückgängigmachen“ eines formell demokratisch korrekten Prozesses und fordert Neuwahlen.

Herr im Himmel, einerseits ist sie kein absolutistischer Herrscher, und andererseits, wozu Neuwahlen? Der Wähler hat seine Hausaufgaben gemacht, versagt hat allein die Politik und das Thüringer Desaster ist kein Verschulden der Thüringer, sondern Ausdruck einer auf ganzer Linie versagenden Politikerkaste, die sich in ihrer schillernden Blase tummelt, sich gegenseitig ans Bein pisst, in den Wänden spiegelt und irrigerweise annimmt, dass genau diese ‚Welt‘ die richtige, wichtigste und einzige wäre.

Um es auf den Punkt zu bringen, ich vermute Thüringen kommt auch ohne Politiker ganz gut klar. Die Kinder gehen in die Schule, die meisten Menschen zumindest arbeiten fleißig für bescheidenen Lohn, kümmern sich gegenseitig und nehmen die formelle Abwesenheit der „Eliten“ eigentlich nicht wahr. Also, schickt doch.

Um noch einmal auf die Politik nach ‚Gutsherrenart‘ der Kanzlerin zurückzukommen.

Die Damen und Herren Politiker sollten froh sein, dass zumindest das „Ius primae noctis“ abgeschafft wurde, wobei so richtig weiss man bis heute nicht, ob dies nicht bloss eine historisch verbrämte Legendenbildung war.

Und Legenden gibt es in der Politik eh schon genug, etwa:

Zuerst das Land, dann die Partei und erst dann die Person!

Da biegen sich doch selbst über Jahrhunderte gealterte Balken der vielen schönen Thüringer Fachwerkbauten. 😂

15 Kommentare zu „Alles Demokratie oder was … ?

      1. Und der Gutsherr darf bestimmen wer mit wem kopu..- koaliert. Da sieht man derzeit ja genau, wer das Sagen hat. Der Wähler nun Mal gar nicht. Aber in BER wackelt ja auch der Schwanz mit dem Dackel..🙂🙂

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      1. Auch wahr, der Schwanz klaefft und der Dackel wackelt. Fröhlich macht nur die Führungsstärke der Kriegsministerin.☺️

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    1. Der einige „Gewinner“ ist immerhin der Kurzzeit Ministerpräsident. Der mit Versorgungsansprüchen verrechnete Stundenlohn ist utopisch. Die Show brachte ihm angeblich € 70.000 – dafür müssen mache Bürger länger stricken..

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  1. Einfach nur köstlichst zu lesen.
    Du: „entwickelt sich ein stündlich eskalierendes Hauen und Stechen in der politischen Blase, welches den Beteiligten Hören und Sehen vergehen lässt,“ Die sollten mal richtig hauen und tatkräftig stechen, damit alle zur Zeit aktiven Politiker aus dem Landtag gehauen werden. – Eventuell, aber wirklich nur eventuell, gäbe es besseren Nachschub.

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